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„Die digitalen Tools von Norican können ein Katalysator für die digitalen Transformationsprozesse unserer Kunden sein”

Unsere DISA-Technologiespezialistin Nina Dybdal Rasmussen ist unsere neue Leiterin von Norican Digital. Wir sprachen mit ihr über diverse Aspekte der Digitalisierung: Wie wir unsere Kunden unterstützen, Prozesse transformieren und welche digitalen Trends weltweit Gießereien und Fertigungsunternehmen großartige Lösungsmöglichkeiten eröffnen.

Nina, Sie haben gerade von DISA zur Leiterin von Norican Digital gewechselt. Erzählen Sie uns bitte ein wenig über Norican Digital und was Sie an ihrer neuen Aufgabe so spannend finden.

Norican Digital ist die Organisation, die alle digitalen Initiativen der Gruppe vorantreibt und bündelt. Insbesondere sollen die Bedürfnisse der Kunden von DISA, ItalPresseGauss, StrikoWestofen und Wheelabrator erfüllt und deren Anlagen (egal ob von uns oder nicht) versorgt werden.

Norican Digital ist in München angesiedelt und beherbergt unser Digital Lab, in dem die neuesten Tools und Lösungen entwickelt und getestet sowie unsere Plattform und Infrastruktur weiterentwickelt werden. Entscheidend ist, dass dem Team auch Experten der vier Hero Brands angehören, die ein tiefes Verständnis für den Prozess mitbringen. Außerdem unterstützen sie die Umsetzung von Kundenlösungen und stellen die Verbindung zwischen digitalem Wissen und Prozess-Know-how her. Das gesamte Team arbeitet eng mit unserem strategischen KI-Partner zusammen, um zusätzliches, hochentwickeltes digitales Fachwissen einzubringen.

Was reizt mich an der Aufgabe? DISA konnte in den vergangenen Jahren dank seiner Geschäftsbeziehungen zu einigen der zukunftsweisenden Gießereien der Welt einige der digitalen Entwicklungen in der Gruppe anführen. Daher bin ich schon seit einiger Zeit an wirklich interessanten digitalen Projekten beteiligt.

Ich finde es spannend, ab jetzt die Zukunft unseres Angebots für einen deutlich vielfältigeren Kundenkreis aktiv mitgestalten zu können. Was für einen Kunden von DISA in den USA richtig ist, muss nicht unbedingt richtig für einen Kunden von Wheelabrator in Frankreich, einen Kunden von ItalPresseGauss in Deutschland oder einen Kunden von StrikoWestofen in China sein. Wir möchten, dass unser digitales Angebot alle anspricht und jedem etwas bietet. Das ist eine wirklich spannende und lohnende Herausforderung.

 

Wie sehen Sie die digitale Reise der Kunden? Wie können diese heute von der digitalen Welt profitieren?

Zu betrachten sind in der Tat zwei Wege, die letztendlich zu einem großen Vorteil führen.

  • Bei der ersten Spur geht es um die Nutzung der Digitalisierung, um Prozesse zu optimieren und zu verbessern (schrittweise oder radikal). Das Ziel dieser Spur lautet Null Ausschuss (höchste Effizienz) bei Null Mängeln (höchste Qualität).
  • Bei der zweiten Spur geht es darum, auf Ausfallzeiten zu reagieren und Ausfallzeiten zu verhindern. Das Ziel hierbei ist Null Ausfallzeit (höchste Produktivität).

Auf diesen beiden Entwicklungswegen sind die Kunden naturgemäß unterschiedlich weit fortgeschritten. Sie führen z. B. Wartungsarbeiten rein reaktiv durch: Sie warten, bis ein Teil ausfällt und reparieren es dann. Das ist kostspielig. Oder Teile werden in festen Intervallen früher als nötig ersetzt, nur um dem festgelegten Wartungszeitfenster zu entsprechen.

Mit der digitalen Technik bilden wir mittels Sensoren in der Anlage den aktuellen Zustand von Bauteilen ab, um Wartungsarbeiten zum genau richtigen Zeitpunkt durchführen zu können. Das wird als vorausschauende Wartung bezeichnet und ist bereits ein bewährtes Konzept. Doch wir denken bereits weiter, hin zu einem Konzept das wir präskriptive Wartung nennen. Bei der präskriptiven Wartung werden nicht nur Ausfälle vorhergesagt, sondern auch Empfehlungen für Maßnahmen ausgesprochen und die Auswirkungen dieser berechnet. Dies verlängert die Nutzungsdauer von Bauteilen, ohne Ausfallrisiken einzugehen.

Auf dem Weg der digitalen Verbesserung kann ein erster Schritt im digitalen Überwachen des Gesamtprozesses bestehen, bei dem das durch das digital unterstützte Analysieren von Prozessdaten Verbesserungspotenziale aufgedeckt werden. Dabei kann es sich um die Senkung des Energie- oder Materialverbrauchs oder um die Beseitigung von Engpässen handeln. Der nächste Schritt führt zu einem System, das mithilfe von KI und Datenanalyse Verbesserungen "vorschreibt", um Fehler oder Verschwendung vermeiden. Die ultimative Vision ist hier der Übergang zu einer autonomen Steuerung – dem System zu ermöglichen, sich durch Umsetzung der ermittelten Maßnahmen selbst zu regulieren, um somit die Qualität zu verbessern sowie Fehler und Verschwendung zu beseitigen.

Uns ist es immer wichtig, in jeder Phase deutliche Vorteile zu verwirklichen und die Kunden schrittweise vorgehen zu lassen.

 

„Viele unserer Kunden haben immer noch das Gefühl, dass Digitalisierung neuartig und nicht richtig erfassbar sei. Diesen Vorbehalt greifen wir in unserem Produktkonzept auf. Es geht konsequent um Lösungen für konkrete Probleme. Wir nutzen Digital zum Lösen konkreter Probleme. Dank der resultierenden Verbesserungen amortisieren sich die Investitionen in die Digitalisierung schnell – und zudem wird in der Regel mehr als nur ein Problem behoben.”

 

Was ist Ihre Vision für Norican Digital, die Kunden von Norican und die Branche insgesamt?

Das ist ganz einfach. Mit herkömmlichen Mitteln kann die Maximierung der Betriebszeit Kompromisse bei der Effizienz oder Qualität erfordern. Das Streben nach höchster Effizienz (wie etwa durch verkürzte Zykluszeiten) kann sich negativ auf die Qualität und andere Aspekte auswirken.

Dank der Leistungsfähigkeit von Digital lassen sich beide – Effizienz und Qualität – gleichzeitig verbessern. Sie schließen sich nicht mehr gegenseitig aus.

Unsere Kunden können also ihre dringendsten Probleme angehen, zum Beispiel eines unserer digitalen Produkte zum Rationalisieren der Wartung nutzen, ohne Kompromisse bei der Qualität oder Effizienz eingehen zu müssen. Nach und nach können sie weitere Tools hinzufügen, die speziell auf die Qualität und Effizienz abzielen.

Letztendlich werden Vorteile auf Vorteile geschichtet, die dann größeren Fortschritt und stetige Verbesserung ermöglichen.

Das ist meine Vision für unsere Kunden und Branche an sich. Es ist die Vision von Norican Digital, diese Entwicklung als wirksamer Katalysator zu begleiten. Wir unterstützen unsere Kunden bei der Einführung digitaler Technologien auf eine ihnen entsprechenden Weise, die ihnen die benötigten Vorteile und mehr bietet.

Unsere Expertise in den Bereichen Prozess- und Ingenieurwissen ist bei allen unseren vier Marken immens hoch entwickelt. Wir kombinieren dieses Wissen mit der Leistungsfähigkeit von KI und Daten und versorgen so unsere Kunden mit Lösungen mit realem Mehrwert, die ihre Erwartungen übertreffen.

Wir sind weltweit präsent und bieten daher für die spezifischen Regionen und Märkte relevante digitale Lösungen an. Deshalb ist unser digitales Produktportfolio bewusst modular aufgebaut. Wir bieten allen Kunden spezifische und niemals allgemein gehaltene Lösungen an.

 

Welche Trends oder Themen werden die Einführung der Digitalisierung vorantreiben?

Die Gründe für die Einführung der Digitalisierung sind bei unseren Kunden weltweit ausgesprochen unterschiedlich. In vielen Ländern ist ein Fachkräftemangel zu verzeichnen. Wir integrieren Wissen in Produkte, bieten zentrale Prozessverfolgung an, ermöglichen Automatisierung und Überwachung – all das trägt dazu bei, diesem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, denn es werden wertvolle Fachkräfte freigesetzt, die sich dann auf absolut kritische Aufgaben konzentrieren können.

Eine weitere Triebkraft ist in der Automobilindustrie mit den wachsenden Vorgaben an das Nachweisen und Dokumentieren von Fertigungsprozessen zu beobachten. Dies zieht sich durch die gesamte Lieferkette und wird bald auch kleinere Zulieferer erreichen, die derzeit möglicherweise nicht die Möglichkeiten haben, die von ihnen geforderten Prozessdaten zu liefern. Eine recht einfache digitale Überwachung kann dies kostengünstig leisten und eröffnet zudem Möglichkeiten zur Effizienz- und Qualitätssteigerung.

 

Was sind die Herausforderungen?

Viele unserer Kunden haben immer noch das Gefühl, dass Digitalisierung neu und nicht richtig greifbar ist. Diese Sorge wird in der Struktur unserer Produkte reflektiert. Es geht konsequent um Lösungen für konkrete Probleme. Wir nutzen die Digitalisierung zum Lösen konkreter Probleme. Dank der resultierenden Verbesserungen amortisieren sich die Investitionen in die Digitalisierung schnell – und zudem wird in der Regel mehr als nur ein Problem behoben.

Einige Kunden haben immer noch Bedenken bezüglich der Cloudspeicherung und der Datensicherheit. Deshalb arbeiten wir mit führenden Cloud-Anbietern zusammen, um einen Sicherheitsstandard zu bieten, der dem des Online-Banking entspricht.

Gelegentlich erleben wir auch Skepsis gegenüber dem Einsatz von KI. Kunden fragen sich, ob sie den Erkenntnissen von Algorithmus mehr vertrauen sollten als der Intuition erfahrener, hochqualifizierter Mitarbeiter.

Erstens glaube ich nicht, dass es dort um eine Entscheidung geht. KI kann mögliche Fehlerursachen aufzeigen und erfahrene Mitarbeiter können diese Erkenntnisse berücksichtigen und umsetzen oder auch nicht. Für uns ist KI zuallererst eine Möglichkeit, menschliche Fähigkeiten zu erweitern. Unsere KI-basierten Lösungen werden seit einigen Jahren in Gießereien angewendet und Kunden und Mitarbeiter haben schnell gelernt, den neuen Erkenntnissen zu vertrauen und mit ihnen zu arbeiten.

Zweitens ist das Wissen erfahrener Fachkräfte nur dann von Wert, wenn diese Mitarbeiter tatsächlich zur Verfügung stehen. Eine ganze Generation von ihnen geht in den Ruhestand und viele unserer Kunden haben mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen. Immer weniger Mitarbeiter beaufsichtigen größere Betriebsabläufe – Tools wie KI und Dashboards erhöhen ihre Kapazität und Bandbreite. Datenwissen erweitert und ergänzt menschliches Wissen.

 

Was unternehmen Sie aktuell, um diese Herausforderungen zu meistern?

Wir bieten nicht nur Informationen an, um Bedenken zu zerstreuen, sondern testen und entwickeln unsere Lösungen in Pilotprojekten mit Kunden, um den Nachweis zu erbringen, was mit einer Lösung ganz konkret erreicht werden kann.

Wir können unsere Kunden auch beraten, wo sie mit der digitalen Technologie beginnen sollten, um eine schnelle Amortisation zu erzielen und ihre dringendsten Probleme zu lösen. Dies erfolgt auf zukunftssichere und skalierbare Weise, die sicherstellt, dass sie den nächsten Schritt genau dann machen können, wenn sie dazu bereit sind. Unsere Hardware NoriGate und unsere digitale Plattform Monitizer ermöglichen es Kunden, beliebig klein anzufangen und beliebig schnell zu erweitern.

Wir versuchen, unsere Lösungen so offen und geräteunabhängig wie möglich zu gestalten, so dass sie mit anderen Systemen, die unsere Kunden nutzen, verbunden werden können, anstatt sie auf eine unflexible "Insellösung" festzulegen.

Und es gibt immer etwas Neues in der Pipeline – eine neue Funktion oder einen neuen Service für Kunden, sobald sie Monitizer nutzen.

 

Was ist derzeit in der Pipeline?

Zum einen investieren wir derzeit in die digitale Infrastruktur, auf der unsere Produkte basieren. Das Interesse der Kunden und die Dynamik rund um unser digitales Angebot sind groß, daher stärken wir in Erwartung steigender Nachfrage unsere Systeme weiter. Das ist nicht besonders spannend, aber wichtig.

Was die tatsächlichen Produkte angeht, stehen wir kurz vor der Einführung unseres vorbeugenden Wartungstools. Die vorausschauende Wartung ist für die meisten von unseren Marken abgedeckten Prozesse bereits verfügbar. Die vorbeugende Wartung informiert nicht nur über den aktuellen Betriebszustand von Anlagen und Bauteilen, sondern schlägt zudem Schritte zum Lösen aufkommender Probleme vor.

Mithilfe von KI verfolgt das Tool eine Vielzahl von Anlagenparametern und erfasst selbst feinste Abweichungen. Diese frühzeitig Erkennung ermöglicht sehr einfach und kostengünstige Gegenmaßnahmen. Dazu zählt zum Beispiel das gründliche Reinigen von Bauteilen während einer Produktionspause, um später auftretenden, größeren Problemen vorzubeugen und die Teilenutzungsdauer zu verlängern. Damit lassen sich potenziell die Kosten für Wartung und Ersatzteile sowie auch die Ausfallzeiten deutlich reduzieren. Das finden wir sehr spannend!